Vertragsgestaltung zur Entwicklung und Vermarktung von Computer- und Videospielen: Teil 3

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Bedeutung von Definitionen und Leistungsbeschreibungen in Verträgen. Er zeigt am Beispiel der Definition des Begriffs „Nettoerlös“, welche finanziellen Auswirkungen nur wenige Worte haben können und geht dabei auf die branchenüblichen Abzüge in der Computerspielindustrie ein. Der Artikel ist Teil einer Serie, die in der Entwicklerzeitschrift Gamestar/Dev erscheint. Angesprochene Leser sind Entwickler von Computerspielen, Projektleiter und Produktmanger aber Geschäftsführer von Computerspielunternehmen und Verlagen.

Nachdem die vergangenen Folgen Grundsätze  und Vorverträge abgehandelt haben, soll nun der eigentliche Entwicklervertrag erläutert werden. Im Aufbau wird einer typischen Vertragsgliederung gefolgt. Entwicklerverträge beginnen in der Regel mit einer Beschreibung der Leistung (also des zu erstellenden Spiels), der Projektphasen und des Entwicklungsprozesses. Umfangreiche Projekte rechtfertigen umfangreiche Verträge. Diese enthalten filigranere Regeln; größere Finanzvolumina verlangen nach mehr Sicherheit. Gleiches gilt für internationale Verträge, verschiedene Rechtskulturkreise müssen harmonisiert werden (Teil 1). Deshalb stellen solche Verträge – aus der anglo-amerikanischen Rechtskultur übernommen – einen einleitenden Paragraphen voran, der Definitionen und allgemeine Regeln enthält. Solch ein Aufbau ist nicht zwingend, nur praktisch. Alternativ findet man Definitionen auch als Anhang zu einem Vertrag. Entsprechend dieser Gliederung wird – entgegen der Ankündigung – mit einem Blick auf die Definitionen begonnen.

Definitionen:

Sorgfältige Definitionen spielen eine zentrale Rolle für die Verständlichkeit und Präzision des Vertrages. Entwicklerverträge sind komplex und verwenden viele branchentypische Formulierungen (engine, alpha version, beta usw.), denen eine allgemein anerkannte Bedeutung allerdings oft fehlt. Wer kann etwa zuverlässig sagen und beweisen, was zu der engine eines Entwicklers gehört? Inhalte und Verfahren eines Entwicklervertrages sind oft technisch zu neu, als dass Gesetzgeber oder Rechtsprechung Zeit gehabt hätten, ihre juristische Bedeutung zu klären.

Vertragstechnisch ist es vorteilhaft, Definitionen in alphabetischer Ordnung dem gesamten Vertrag voranzustellen, sie gleichsam vor die Klammer zu ziehen: Dem Leser erleichtert das den Überblick, er wird sich leichter an die Bedeutung einzelner Begriffe erinnern, Wiederholungen werden vermieden. Er wird die Begriffe schneller auffinden. Wer in einem 30-seitigen Vertrag mit dezentraler Gestaltung jemals einen Begriff heraussuchen musste, weiß wovon hier die Rede ist. Definitionen sind aber auch sehr sorgfältig zu formulieren! Fehler potenzieren sich unter Umständen im gesamten Vertrag. Ein unzureichend oder fehlerhaft beschriebener Begriff, der vor die Klammer gezogenen wurde, wirkt auf alle Klauseln durch, in denen er vorkommt. Ist eine Definition intransparent oder überraschend, kann das die Unwirksamkeit aller Klauseln bedeuten, die ihn verwenden.

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Ansprechpartner:
Claas Oehler

Stand: August 2007