Umsatzsteuer: Softwarelieferung und -anpassung gemeinsam besteuern

Wird eine Standardsoftware geliefert und dann umfangreich angepasst, handelt es sich um eine einheitliche ’sonstige Leistung‘.

Sachverhalt:

Ein in den USA ansässiges Softwarehaus hatte eine Standardsoftware an eine Versicherung verkauft, diese in der Folge umfangreich angepasst und die Mitarbeiter der Versicherung geschult. Für die einzelnen Leistungsbestandteile waren unterschiedliche Preise vereinbart worden. Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 27.10.2005 – Rs. C-41/04 – Levob Verzekeringen BV und OV Bank NV) hatte über die Frage zu entscheiden, ob es sich um getrennt zu beurteilende Leistungen oder um ein einheitliches Leistungsbündel handelt und ob die Leistung der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist.

Gründe:

Der EuGH entschied, dass die Lieferung einer Standardsoftware und deren umfangreiche Anpassung, hier: die Übersetzung der Benutzerschnittstelle ins Niederländische und Anpassung auf das Geschäftsmodell der Versicherung, so dass die Software erst sinnvoll eingesetzt werden kann und die Schulung der Mitarbeiter, eine einheitliche Leistung sind, die gemeinsam der Umsatzsteuer unterliegen. Es handelt sich um keine Lieferung, sondern um eine Dienstleistung. Weiterhin ist diese Dienstleistung als ingenieurähnlich einzustufen und daher dort zu besteuern, wo das Kundenunternehmen sitzt.

Im entschiedenen Fall führte das dazu, dass die Versicherung als Kunde die Umsatzsteuer auf den Gesamtpreis (insgesamt rd. 230 000 EUR) zahlen musste.

Die Versicherung wollte nur die Umsatzsteuer auf den Kaufpreis der Standardsoftware entrichten (rd. 90.000 EUR). Für bestimmte Unternehmen wie Versicherungen und Banken ist die gezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer) in der Regel Aufwand, da sie diese nicht vom Finanzamt erstattet bekommen.

Praxistipp:

Im Umsatzsteuerrecht erweist sich die Einordnung von IT-Leistungen als  wesentliche Vorüberlegung. Wie das Urteil des EuGH zeigt, kann in grenzüberschreitenden Verträgen die Gestaltung der Verträge unmittelbar steuerliche Wirkungen haben. Insbesondere bei Vertragsbeteiligten ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit sollte jede Transaktion sorgfältig geprüft werden.

Ansprechpartner:
Rainer Ihde

Stand: November 2006