Neues IT-Vertragsrecht

Die Auswirkungen der Schuldrechtsreform am Beispiel der IT-Branche.

Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wird bereits zum 1.1.2002 die umfassendste Reform des Zivilrechts seit mehr als 100 Jahren in Kraft treten. Der äußere Anlaß für diese Reform ist die Verpflichtung Deutschlands, die europäischen Richtlinien über den Verbrauchsgüterkauf, den elektronischen Geschäftsverkehr sowie den Zahlungsverzug umzusetzen, die zentrale Bereiche des Vertragsrechts betreffen. Dies hat der Gesetzgeber zum Anlaß einer schon länger diskutierten, umfassenden Neuregelung des Vertragsrechts genommen.

Zu den markantesten und folgenreichsten Änderungen zählen die Neuregelung der Verjährungsfristen und des Gewährleistungsrechts für Kauf- und Werkverträge. Des weiteren wurden zahlreiche Verbraucherschutzgesetze – etwa das AGB-Gesetz und das Fernabsatzgesetz – in das BGB integriert. Auch und gerade Verträge von IT-Unternehmen und Auftraggebern von IT-Leistungen werden von den Auswirkungen dieser Änderungen erfaßt.

Auswirkungen auf „Neuverträge“

Die Zeit für die Umsetzung der Reform durch die Unternehmen ist äußerst knapp bemessen. Die neuen bzw. geänderten Vorschriften gelten uneingeschränkt für alle ab dem 1.1.2002 abgeschlossenen Verträge.

Die regelmäßige Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche aus Kaufverträgen wird ab dem 1.1.2002 von bislang sechs Monaten auf zwei Jahre verlängert. Die Verlängerung der Gewährleistungsdauer wird bei vielen Softwareverträgen zur Folge haben, daß die Gewährleistung auf einen erheblichen Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer ausgedehnt wird und gesonderte Wartungs- oder Pflegevereinbarungen verdrängt. Für den Erwerber wird das Problem entschärft, daß gerade bei Systemen oder Software viele Mängel erst nach längerer Benutzung erkennbar werden. Nach altem Recht waren die Gewährleistungsansprüche dann oft schon verjährt.

Auch für werkvertragliche Gewährleistungsansprüche gilt nach neuem Recht grundsätzlich eine Verjährungsfrist von zwei Jahren bzw. von drei Jahren, wenn es sich um unkörperliche Werke handelt. Ob Individualsoftware ein unkörperliches Werk darstellt ist dem Gesetzesentwurf nicht zu entnehmen und wird wohl erst durch die Gerichte geklärt werden müssen.

Eine weitere wesentliche Änderung stellt die Einführung des Nacherfüllungsanspruchs für den Käufer einer mangelhaften Sache dar. Neben Wandelung und Minderung kann der Käufer nun bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist (in der Regel 2 Jahre) die Lieferung einer mangelfreien Sache oder Nachbesserung verlangen. Die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen reiner Mängelgewährleistung und selbständig zu vergütenden Wartungs- oder Softwarepflegemaßnahmen des Verkäufers sind auch insoweit vorprogrammiert.

Schließlich findet sich im Werkvertragsrecht nunmehr ein erweiterter Verweis auf die Vorschriften über den Kauf. Ob zukünftig auch bestimmte Fälle der individuellen Softwareerstellung als Kaufverträge einzuordnen sein werden, ist noch nicht abschließend geklärt. Da das Kaufrecht jedoch keinerlei Regelungen über Mitwirkungspflichten der einzelnen Parteien bei der Abwicklung des Kaufvertrages enthält, wird zukünftig noch stärker darauf zu achten sein, entsprechende Pflichten vertraglich festzuschreiben.

Auswirkungen auf „Altverträge“

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die neuen Vorschriften grundsätzlich nur für Verträge gelten, die ab dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes also dem 1.1.2002 geschlossen werden. Eine besondere Regelung gilt jedoch für Dauerschuldverhältnisse – hierzu gehören Miet-, Pacht- oder Leasingverträge über Soft- und Hardware, längerfristige Wartungs- oder Pflegeverträge etc.. Auf diese Verträge findet das neue Recht ab dem 1.1.2003 Anwendung. Einige neue Verjährungsregeln greifen bereits in modifizierter form ab dem 1.1.2002. Gewährleistungsansprüche aus Altverträgen verjähren jedoch weiterhin nach der gesetzlichen Regelung in sechs Monaten.

Handlungsbedarf

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz für IT-Verträge mehr Probleme schafft als gelöst wurden. Auch wenn hier nur ein Teil der Neuregelungen aufgezeigt werden kann, wird deutlich sein, daß es für IT-Unternehmen oder die Abnehmer von IT-Leistungen unbedingt erforderlich ist, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Standardverträge abzuändern und an das neue Recht anzupassen. Nur so kann das Entstehen rechtlicher Nachteile durch die Schuldrechtsmodernisierung vermieden werden.

Ansprechpartner:

Rainer Ihde
Fabian Laucken

Stand: Oktober 2001