Framing und Urheberrecht – Das Setzen von Frames mit fremden Inhalten kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen

Beim „Framing“ wird von einer Website dergestalt auf eine andere Internetseite oder Dateien verlinkt, dass diese später in einem Rahmen (engl.: Frame) auf der Ursprungsseite dargestellt werden. Sofern die Seite, auf in dem Frame verlinkt wird, urheberrechtlich geschützte Inhalte enthält, stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang hierdurch urheberrechtliche Nutzungsrechte tangiert werden. Das LG München I hatte sich in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 10.01.2007 – Az. 21 O 20028/05) mit einem solchen Fall zu befassen.

Der Sachverhalt:

Der beklagte Angelverein hatte auf seiner Website die Fotografie einer „Rußnase“ (ein Fisch) als Frame integriert. Die dargestellte Bilddatei selbst lag nicht auf dem Server des Angelvereins, sondern auf dem der Österreichischen Fischereigesellschaft. Der Kläger, der das Foto hergestellt hatte, sah in dieser Wiedergabe auf den Seiten des Angelvereins u.a. eine Verletzung seiner urheberrechtlichen Nutzungsrechte und nahm den Angelverein unter anderem auf Auskunft und Schadensersatz in Anspruch.

Die Entscheidung:

Nach der Rechtsauffassung des LG München I, stellt „das Einbinden externer Dateien in das Erscheinungsbild einer Website in der Weise, dass zwar keine physikalische Kopie der Dateien auf dem eigenen Server erstellt, aber diese dergestalt eingebunden werden, dass beim Aufruf der Seite durch einen Internetnutzer dessen Browser veranlasst wird, den fremden Inhalt direkt von einem externen Server auf einem gewissen Unterabschnitt auf dem Bildschirm zu laden (sog. „framing“) (als) einen Fall des öffentlich Zugänglichmachens gemäß § 19a UrhG“ dar. Dieses Recht steht – vorbehaltlich späterer Übertragungen – zunächst exklusiv dem Urheber des jeweiligen Werkes zu. Da der Beklagte das Foto ohne Zustimmung des Urhebers geframed hatte, lag nach Auffassung des Gerichts eine Verletzung der Rechte des Klägers vor, weshalb es den Angelverein zu Auskunft und Schadensersatz verurteilte.

Kommentar:

Nach § 19a UrhG ist Recht der öffentlichen Zugänglichmachung das Recht, ein Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Die Vorschrift wurde 2003 neu in das Urhebergesetz eingefügt. Sie geht auf die EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (2001/29/EG ) zurück. Das Ziel dieser Richtlinie war die Anpassung der Rechtsvorschriften für das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte an die technologischen Entwicklung und insbesondere an die Informationsgesellschaft. Mit der Einführung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung als eigenes Verwertungsrecht in das Deutsche Urheberrechtsgesetz wollte der Gesetzgeber vornehmlich die Nutzung geschützter Inhalte im Internet und in sonstigen Netzwerken regeln. Die Vorschrift wird von den Gerichten weit ausgelegt, um einen umfänglichen Schutz des Rechteinhabers zu erreichen.

Vor diesem Hintergrund hat das Gericht zu Recht festgestellt, dass ein Werk auch dann öffentlich zugänglich gemacht wird, wenn technische Maßnahmen auf einer Internetseite dessen Einbindung in das Erscheinungsbild der Seite bewirken, ohne dass eine physikalische Kopie der Datei, in der das Werk verkörpert ist, auf demselben Server abgelegt wird wie der übrige Inhalt der Website und unabhängig davon, ob der Betreiber der Website die „Herrschaft“ über den fremden Inhalt hat. Der Ersteller einer Website, der sich fremde Inhalte in der Weise zu eigen macht, dass für den Nutzer auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen ist, dass diese auf Veranlassung des Erstellers der Seite von einem anderen Server zugeliefert werden, macht gegenüber dem Nutzer die Inhalte in gleicher Weise zugänglich, wie bei der Zulieferung von einer auf dem eigenen Server erstellten Kopie.

Am Ende der Entscheidung setzt sich das Gericht noch mit der Frage auseinander, ob die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Fall „Paperboy“ (Urteil vom 17.07.2003 – Az. I ZR 259/00), in der der Bundesgerichtshof festgestellt hatte dass das Setzen eines sog. „deep links“ auf geschützte Inhalte grundsätzlich nicht in urheberrechtliche Verwertungsrechte eingreift, eine andere Wertung erfordert, was das Gericht verneint. Für eine sinnvolle Abgrenzung zwischen dem erlaubten Setzen von deep links und unerlaubtem Framing, bedürfe es keiner einschränkenden Auslegung von § 19a UrhG. Wesentlich besser hierfür geeignet sei das Kriterium, ob der Ersteller der Website sich fremde Inhalte in der Weise zu eigen macht, dass es für den gewöhnlichen Nutzer die Fremdheit nicht mehr in Erscheinung tritt – dann liegt ein unerlaubtes Framing vor – oder ob der Nutzer unmittelbar erkennbar auf fremde Inhalte weiter geleitet wird – dann liegt ein erlaubter deep link vor.

Der Entscheidung des LG München I ist vollumfänglich zuzustimmen. Eine andere Auslegung von § 19a UrhG würde zu einer erheblichen Schutzlücke für Rechteinhaber führen, da ihre Werke dann ohne weiteres über frames in die Gestaltung fremder Internetseiten eingebunden werden könnten, ohne dass hierfür eine entsprechende Lizenz erworben werden müsste. Überdies entstünde ein Wertungswiderspruch zwischen der Einbindung fremder Inhalte durch Dateien auf dem eigenen Server, was unzweifelhaft eine öffentliche Zugänglichmachung darstellt, und dem Framing derselben Inhalte von fremden Servern. Aus Sicht des Besuchers einer Website kann beides das gleiche Erscheinungsbild hervorrufen. Es ist daher nur konsequent, beide Sachverhalte auch rechtlich gleich zu bewerten.

Beraterhinweis:

Nach der zutreffenden Entscheidung des LG München I stellt das Einbinden fremder Inhalte in das Erscheinungsbild einer Website durch Framing eine öffentliche Zugänglichmachung dar, die nur mit Zustimmung des Rechteinhabers zulässig ist. Die Ersteller von Internetseiten sollten dies berücksichtigen und erforderlichenfalls entsprechende Lizenzen einholen, um Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden.

Neben der rein urheberrechtlichen Problematik hat das LG München I jedoch noch einen anderen wichtigen Punkt angerissen, nämlich den der Haftung für geframete Inhalte. Hierzu stellte das Gericht fest, dass der Webseitenbetreiber für solche Inhalte, auch wenn sie von einem fremden Server kommen, wie für eigene haftet, wenn er nicht die Fremdheit der Inhalte deutlich klarstellt, und zwar unabhängig von der Kenntnis dieser Inhalte. Auch vor diesem Hintergrund ist also beim Framing besondere Vorsicht geboten. Denn wenn der – ursprünglich rechtmäßig – geframete Inhalt sich später ändert und die Darstellung rechtswidrig wird, kann der Webseitenbetreiber hierfür haften, auch wenn er von der Änderungen nichts wusste.

Ansprechpartner:
Fabian-Laucken

Stand: Januar 2007