Informationspflichten im Internet

Aktuelles Urteil des OLG Karlruhe zur Angabe der Unternehmensidentität im Fernabsatz.

Einleitung

Zum ersten Januar dieses Jahres sind eine Vielzahl von Regelungen in Kraft getreten, die die Informationspflichten, die Unternehmen bei ihren Internetauftritten zu beachten haben, erheblich erweitert haben. Obwohl hierüber in den einschlägigen Medien ausführlich berichtet wurde, zeigt die Praxis, dass eine Vielzahl von Internetauftritten den neuen Vorgaben nicht gerecht werden. Dies führt oftmals zu kostenpflichtigen Abmahnungen von Konkurrenten oder Verbraucherschutzverbänden. Da zudem ein jüngeres Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu Informationspflichten bei einem Fernabsatzgeschäft ergangen ist, erscheint es angezeigt, diesem Thema einen eigenen Beitrag zu widmen.
Eine Übersicht über die Neuregelungen im elektronischen Geschäftsverkehr findet sich bereits in dem Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Dittmann.

Informationspflichten nach dem Teledienstegesetz (TDG)

Das TDG enthält allgemeine Vorschriften, die alle Unternehmen beachten müssen, die im Internet kommerzielle Online-Dienste bzw. Informationen anbieten oder Werbung schalten. Der Gesetzestext ist abrufbar unter http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/tdg/index.html.

Nach § 6 TDG haben Unternehmen, die die vorgenannten Dienste im Internet anbieten, unter anderem folgende Informationen „leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar“ auf ihrer Website anzugeben: Name und Anschrift, gegebenenfalls den gesetzlichen Vertreter, e-Mail-Kontakt, gegebenenfalls Handelsregisternummer, Kammermitgliedschaft, Anschrift einer eventuellen Aufsichtsbehörde und soweit vorhanden die Umsatzsteueridentifikationsnummer gemäß § 27 a UStG.

Insbesondere bei juristischen Personen fehlt auffällig häufig noch die Angabe des gesetzlichen Vertreters – also des/der Geschäftsführer(s) bei der GmbH bzw. des Vorstandes bei der AG. Allein das Fehlen dieser Angabe stellt schon einen Verstoß gegen § 6 TDG dar, der als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld bis zu fünfzigtausend Euro (§ 12 Abs. 2 TDG) geahndet werden oder zu einer Abmahnung führen kann, wobei es derzeit in der juristischen Diskussion umstritten ist, ob ein Verstoß gegen § 6 TDG nur Verbraucherschutzverbände, deren Berechtigung sich aus dem Unterlassungsklagengesetz ergibt, oder auch Konkurrenten zu Abmahnung berechtigt.

Seit dem 1. Juli 2002 finden sich gleich lautende Informationspflichten auch im Mediendienstestaatsvertrag, der für das Angebot und die Nutzung von an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdiensten gilt. Darüber hinaus bestimmt § 7 TDG, dass kommerzielle Angebote und e-Mail-Werbung eindeutig als solche gekennzeichnet sein und den Anbieter bzw. Absender klar erkennen lassen müssen.

Informationspflichten bei Fernabsatzgeschäften

Bei Fernabsatzgeschäften gelten erweiterte Informationspflichten, die sich aus § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Verbindung mit § 1 der Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach Bürgerlichem Recht (BGB-InfoV) ergeben. Die BGB-InfoV ist unter http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/bgb-infov/index.html abrufbar.

Ein Fernabsatzgeschäft liegt vor, wenn ein Geschäft über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, das zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (der B2B-Bereich ist also nicht erfasst) unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (Briefe, Telefon, Telefax, E-Mail, Teledienste etc.) abgeschlossen wird (§ 312b BGB). Ausgenommen sind jedoch solche Geschäfte, die nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems abgeschlossen werden. Der Versandhandel, der Onlineshop im B2C-Bereich, das Telefonmarketing gelten somit als Fernabsatzgeschäft.

Bei einem Fernabsatzgeschäft muss der Unternehmer den Verbraucher vor Abschluss des Vertrages und in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich insbesondere über seine Identität und Anschrift, wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung, Zahlungs- und Lieferungsmodalitäten und das Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts informieren. Einige dieser Informationen müssen dem Verbraucher bis zur Erfüllung des Geschäfts auch noch in Textform, also per Brief, E-Mail oder Fax mitgeteilt werden. Die Übermittlung per Fax oder E-Mail ist aber nur zulässig, wenn der Verbraucher in seiner Bestellung oder auf andere Weise zu erkennen gegeben hat, dass er mit der telekommunikationstechnischen Übermittlung von rechtserheblichen Erklärungen einverstanden ist. Um diesen Beitrag nicht zu überfrachten wird wegen der genauen Einzelheiten der Informationspflichten auf § 1 BGB-InfoV verwiesen.

Ein Verstoß gegen die vorgenannten Informationspflichten kann den Verbraucher zum Widerruf oder zur Anfechtung des Geschäfts und Konkurrenten oder Verbraucherschutzverbände zu Abmahnungen berechtigen.

Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr

Im E-Commerce treffen den Unternehmer nach § 312e BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV noch weitergehende Informationspflichten. Er muss den Kunden über die einzelnen technischen Schritte informieren, die zum Vertragsschluss führen, und ihm die Möglichkeit verschaffen, die Vertragsbedingungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern. Weiterhin hat er dem Kunden mitzuteilen, wie er gegebenenfalls Eingabefehler bei seiner Bestellung berichtigen kann, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden zugänglich ist. Schließlich hat der Unternehmer dem Kunden den Zugang von dessen Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen.

Auch hier gilt, dass Verstöße gegen die Informationspflichten zu einer Anfechtung oder einem Widerruf des Kunden oder aber zu einer Abmahnung durch Konkurrenten oder Verbraucherschutzverbände führen können.

Urteil des OLG Karlsruhe: Wette über eine Internetlottospielgemeinschaft

Das OLG Karlsruhe hat in einem Urteil vom 27. März 2002 (abrufbar unter http://www.jurpc.de/rechtspr/20020245.htm) festgestellt, dass der Unternehmer bei einem Fernabsatzgeschäft im Internet seiner Verpflichtung zur klaren und unmissverständlichen Angabe seiner Identität und Anschrift nicht genügt, wenn diese Informationen für den Verbraucher nur über einen Link „Kontakt“ zu erreichen und dort unter der Überschrift „Impressum“ angeführt sind.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte die beklagte Lottospielgemeinschaft den Bestellvorgang so gestaltet, dass sich der Benutzer zunächst registrieren lassen musste. Sodann konnte er online einen Lottoschein ausfüllen, zwischen Zahlung per Kreditkarte oder Lastschrift auswählen und seinen Tipp dann durch Bestätigung abgeben. Sämtliche Seiten – auch die bei der Registrierung zu durchlaufenden – wiesen im Navigationsmenü im Seitenkopf und in einer Zeile am Fuß der Seite die Felder „Suche – Themen – Dienste – FreeMail – Hilfe – Kontakt“ auf. Die Betätigung von „Kontakt“ führte zu einer Seite, auf der der Nutzer über ein Formular eine Anfrage an die Beklagte richten konnte. In einem Rahmen rechts auf der Seite fanden sich unter der Überschrift „Impressum“ neben der Firma der Beklagten ihre Anschrift und die Namen ihrer Vorstandsmitglieder.

Das OLG Karlsruhe ist der Auffassung, dass die Lottospielgemeinschaft durch die geschilderte Gestaltung gegen ihre Pflicht zur Information über Identität und Anschrift gemäß § 312c BGB und § 1 BGB-InfoV verstoßen hat. Seine Ansicht begründet das OLG Karlsruhe im Wesentlichen wie folgt:

Sinn und Zweck der gesetzlichen Informationspflicht über Identität und Anschrift sei, dass der Unternehmer den Verbraucher von sich aus klar und unmissverständlich darauf hinweist, mit wem er in geschäftlichen Kontakt getreten ist. Es genüge daher nicht, wenn der Unternehmer dem Kunden lediglich in die Lage versetzt, sich diese Informationen zu verschaffen. Daher müssten die Informationen, auf die nicht ausdrücklich hingewiesen wird, wenigstens an so herausgehobener Stelle im Onlineformular angebracht werden, dass der Kunde gleichsam auf sie stoßen müsse.

Nach Ansicht des OLG Karlsruhe wird die von der Lottospielgemeinschaft gewählte Gestaltung diesen Anforderungen nicht gerecht. Die Angabe im „Impressum“ einer durch das Feld „Kontakt“ erreichbaren Seite sei jedenfalls nicht klar und unmissverständlich. Kontakt bezeichne nach einem im World Wide Web bei Verwendung der deutschen Sprache inzwischen verfestigten Gebrauch eine Seite, die den Benutzer in die Lage versetzen soll, mit der im Internet auftretenden Person in Kontakt zu treten. Dass sich es sich hierbei nicht nur um einen mailto-Link handelt, sondern dass dort Informationen über Firma und Anschrift bereit gehalten werden, bliebe weiten Teilen der angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder des erkennenden Gerichts gehörten, verborgen. Darüber hinaus gäbe die Überschrift „Impressum“ auch zu Missverständnissen Anlass, weil im Impressum einer Veröffentlichung die nach dem Presserecht verantwortlichen Personen genannt zu werden pflegen. Dass es sich hierbei tatsächlich um dieselbe Person handelt, mit der ein Geschäftsbesorgungsvertrag zur „Online-Abgabe eines Lottoscheins“ geschlossen werden kann, sei für einen großen Teil der Verbraucher jedenfalls unklar.

Schlussfolgerungen aus dem Urteil des OLG Karlsruhe

Da das Gesetz keine Aussage darüber trifft, wann der Unternehmer den Verbraucher bei einem Fernabsatzgeschäft über das Internet in ausreichender Weise aufgeklärt hat, lässt das Urteil des OLG Karlsruhe einen ersten Rückschluss darauf zu, welche Anforderungen die Gerichte hieran zukünftig stellen werden.

Auch wenn das OLG Karlsruhe diese Anforderung nicht ausdrücklich formuliert, wird wohl nur dasjenige Unternehmen seiner Verpflichtung zur klaren und unmissverständlichen Angabe seiner Identität und Anschrift genügen, das dem Kunden diese Informationen in gut lesbarer Weise auch auf dem Online-Bestellformular oder in vergleichbarer Form bei der Abgabe der Bestellung mitteilt.

Darüber hinaus stellt sich jedoch die Frage, ob das Urteil des OLG Karlsruhe auch Auswirkungen auf die Art und Weise, in der die Informationen nach § 6 TDG mitgeteilt werden müssen hat, denn auch diese müssen, nach dem Gesetz „leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar“ auf der jeweiligen Website eingestellt sein. Es ist insbesondere fraglich, ob es ausreichend ist, diese – wie es im Internet häufig anzutreffen ist – unter KontaktImpressum bereitzuhalten. Nach Auffassung der Richter vermutet eine Vielzahl der Internetnutzer hinter dem Feld Kontakt keine Informationen über das Unternehmen, sondern einen mailto-Link über den mit dem Unternehmen in Kontakt getreten werden kann und hinter dem Feld Impressum die nach dem Presserecht verantwortlichen Personen. Sollte diese Erwartungshaltung der Internetnutzer zutreffend sein, wäre das Bereithalten der Informationen nach § 6 TDG auf einer Seite, die nur über die Felder KontaktImpressum zu erreichen ist, jedenfalls nicht „leicht erkennbar“ und damit nicht ausreichend, da der Internetnutzer dort ja keine entsprechenden Informationen vermutet.

Nach Ansicht des Verfassers gehen die Ausführungen des OLG Karlsruhe hinsichtlich der Erwartungshaltung des Internetnutzers in Bezug auf die Begriffe „Kontakt“ und „Impressum“ indes an der Realität des Internet vorbei. Auf einer Vielzahl von Internetseiten finden sich unter dem Feld „Kontakt“ weiterführende Informationen über das Unternehmen und nicht lediglich ein mailto-Link und die Bezeichnung „Impressum“ hat sich als Überschrift für die entscheidenden Unternehmensdaten eingebürgert; zudem wird auch kein Internetnutzer erwarten, auf einer Unternehmenswebsite unter „Impressum“ Angaben über einen presserechtlich Verantwortlichen vorzufinden. Nach alledem kann davon ausgegangen werden, dass der verständige Internetnutzer, auf dessen Einschätzung es ankommt, unter dem Feld KontaktImpressum sehr wohl die Angaben nach § 6 TDG vermuten wird. Da jedoch nicht sicher ist, wie die Gerichte diese Frage in Zukunft einschätzen werden, kann dem Unternehmer der sichergehen will nur angeraten werden, die Pflichtangaben nach § 6 TDG unter Feldern, die mit Begriffen wie „Unternehmen“, „Unternehmensdaten“ oder – die ganz sichere Variante – „Angaben nach § 6 TDG“ gekennzeichnet sind, bereitzuhalten.

Zusammenfassung

Für Unternehmen, die im Internet kommerzielle Online-Dienste bzw. Informationen oder Waren anbieten oder Werbung schalten gelten eine Vielzahl von Informationspflichten, deren Verletzung eine Ordnungswidrigkeit darstellen oder zu Abmahnungen führen kann. Überdies können die Kunden unter Umständen ihre Verträge anfechten oder widerrufen.

Jedem im Internet tätigen Unternehmen kann daher nur dringend angeraten werden, seinen Internetauftritt auf Übereinstimmung mit der gegenwärtigen Gesetzeslage hin zu überprüfen und im Zweifelsfall anwaltlichen Rat einzuholen.

Ansprechpartner:
Fabian-Laucken

Stand: September 2002