AMEX.DE

Aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt am Main zum Vorrang der kennzeichen- rechtlichen Regelungen vor dem allgemeinen Namensrecht im geschäftlichen Verkehr.

I. Das Problem

Die Klägerin betrieb unter dem Firmenschlagwort „AMEX“ einen Handel mit Nutzfahrzeugen. Der Beklagte befasste sich mit der Erbringung gewerblicher Internet-Dienstleistungen. Er war Inhaber der Domain „amex.de“. Auf der unter diesem Domein-Namen unterhaltenen Internetseite befand sich zunächst ein Link zur eigenen Homepage des Beklagten; danach wurde die Domain des Beklagten auf die Homepage des AmericanExpress Company umgeleitet. Die Klägerin nahm den Beklagten unter Berufung auf ihr Firmenrecht auf Unterlassung der Nutzung und Freigabe der Domain „amex.de“ in Anspruch.

II. Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht hatte der Klage vollumfänglich stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten wies das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 27.3.2003, Az. 6 U 13/02) die Klage ab. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch stehe dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Kein Anspruch aus dem allgemeinen Namensrecht im geschäftlichen Verkehr

Es entspricht der weitgehend einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass derjenige, der einen fremden Namen als Internetdomain verwendet, vom Namensinhaber regelmäßig auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Dieser Anspruch fußt auf dem allgemeinen Namensrecht, das sich aus § 12 BGB ergibt. In seiner Entscheidung über die Domain „shell.de“ vom 22.11.2001 (Az. I ZR 138/99) hatte der Bundesgerichtshof jedoch bereits festgestellt, dass für die Anwendung des allgemeinen Namensrechts im geschäftlichen Verkehr kein Raum ist. Der Gesetzgeber habe mit dem Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 eine umfassende, in sich geschlossene Regelung geschaffen, die grundsätzlich den aus den Generalklauseln hergeleiteten Schutz verdrängte. Im geschäftlichen Verkehr, wovon jede wirtschaftliche Betätigung im weitesten Sinne umfasst ist, könne sich ein Namensträger somit nicht auf § 12 BGB berufen. Dieser Ansicht ist auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in seiner vorliegenden Entscheidung gefolgt und hat demgemäß einen Anspruch aus § 12 BGB verneint.

2. Kein Anspruch aus dem Markengesetz

Nach den §§ 5, 15 Markengesetz sind geschäftliche Bezeichnungen, wie etwa die Firma eines Unternehmens geschützt. Ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung einer geschäftlichen Bezeichnung, die im Inland keine überragende Bekanntheit besitzt, steht dem Berechtigten aber nur zu, wenn die Gefahr besteht, dass die angesprochenen Verkehrskreise die gleich oder ähnlich lautenden Bezeichnungen verwechseln (Verwechslungsgefahr). Erforderlich hierfür ist jedoch, dass die Waren oder Dienstleistungen, die unter der jeweiligen Bezeichnung angeboten werden, jedenfalls ähnlich sind. Vorliegend standen sich der Handel mit Nutzfahrzeugen auf der einen und die Erbringung von Internet- bzw. Finanzdienstleistungen auf der anderen Seite gegenüber. Die Gefahr einer Verwechslung ist hier nicht gegeben. Mithin hat auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main einen Unterlassungsanspruch des Klägers aus dem Markengesetz verneint.

III. Konsequenzen für die Praxis

Auch wenn die Entscheidungen des BGH (shell.de) und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (amex.de) auf den ersten Blick einleuchtend erscheinen mögen, ist das Ergebnis dieser Rechtsprechung doch erstaunlich. Derjenige, der einen fremden Firmennamen als Domain nutzt und hierunter rein private Inhalte bereithält, kann vom Namensinhaber regelmäßig unter Berufung auf dessen allgemeines Namensrecht in Anspruch genommen werden und zwar unabhängig davon, welchen konkreten Inhalt die fragliche Internetpräsenz hat. Werden unter einem fremden Firmennamen als Domain hingegen gewerbliche Inhalte angeboten, besteht ein Unterlassungsanspruch nur, wenn Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, die mit denen des Firmeninhabers identisch sind. Dieses Ergebnis widerspricht jedoch dem Grundsatz, dass Rechtsverletzungen im geschäftlichen Verkehr schärfer geahndet werden, als solche, die lediglich im rein privaten Bereich statt finden. In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird daher bereits diskutiert, eine Verletzung der §§ 5, 15 Markengesetz durch die Verwendung eines fremden Firmennamens als Internetdomain unter dem Gesichtspunkt der „Kennzeichenleugnung“ auch dann anzunehmen, wenn keine Verwechslungsgefahr besteht, da dem Firmenrechtsinhaber die Möglichkeit verwehrt ist, unter der jeweiligen TLD mit seinem Namen aufzutreten. Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung diesen Gedanken aufgreift und ihr bisheriges Ergebnis zukünftig korrigiert.

Ansprechpartner:
Fabian-Laucken

Stand: August 2003