Vier Jahre für 20.000 Britische Pfund. Englische Gerichte machen ernst in Sachen Korruptionsbekämpfung. Erste drakonische Strafe auf Grundlage des Bribery Act.

Am 8. November 2011 verhängte ein Londoner Gericht eine erste drastische Freiheitsstrafe auf Grundlage des neuen Antikorruptionsgesetzes (Bribery Act). Der Bribery Act trat mit Wirkung zum 1. Juli 2011 in Kraft und gilt als eines der strengsten Antikorruptionsgesetze weltweit. Der Southwark Crown Court verurteilte einen öffentlichen Angestellten wegen Bestechlichkeit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren.

Der Täter war dienstlich mit der Ahndung von Geschwindigkeitsüberschreitungen befasst und hatte in 53 Fällen gegen Zahlung von Bestechungsgeldern von der Einleitung von Ordnungswidrigkeitsverfahren abgesehen. Insgesamt hatte der korrupte Angestellte auf diese Weise Bestechungsgelder in Höhe von insgesamt etwa 20.000 GBP vereinnahmt.

1. Abschreckung

In seiner Urteilsbegründung betonte der Richter einerseits die abschreckenden (generalpräventiven) Aspekte der Bestrafung. Er verwies auf die schädliche Wirkung von Korruption für das Vertrauen der Bevölkerung und der Wirtschaftsteilnehmer in eine funktionierende öffentliche Verwaltung:

By doing what you did, you created a danger not only to the integrity of the process but also to public confidence in it. A justice system in which officials are prepared to take bribes in order to allow offenders to escape the proper consequences of their offending is inherently corrupt and is one which deserves no public respect and which will attract none.

Darüber hinaus bezeichnete der Richter die Entscheidung ausdrücklich als „wake-up call“ für alle Autofahrer, die meinen, ihre Verkehrsverstöße durch Zahlung von Bestechungsgeldern aus der Welt schaffen zu können. Zugunsten des Angeklagten berücksichtigte das Gericht seine Geständigkeit und verhängte deshalb nicht die Höchststrafe von 10 Jahren, sondern „nur“ eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren.

2. Signalwirkung auch für Unternehmen

Das Urteil wird auch über den konkreten Einzelfall hinaus als Signal und Maßstab für eine konsequente Anwendung des Bribery Act verstanden.

Wenn bereits ein „kleiner Fisch“ wegen der Unterdrückung von Verkehrsordnungswidrigkeiten eine Freiheitsstrafe von vier Jahren erhält (und dies bereits unter Berücksichtigung mildernder Umstände), dürfte das Strafmaß bei Korruptionsfällen im wirtschaftlichen Bereich (etwa bei Vergabeverfahren) deutlich höher ausfallen.

Unternehmen mit Geschäftstätigkeit in Großbritannien sollten deshalb die Reichweite des Bribery Act im Blick haben. Anders als der FCPA regelt der Bribery Act ausdrücklich auch die Bestechung von privaten Unternehmen (commercial organisations). Das Strafmaß reicht bis zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren. Das Gesetz gilt für alle Gesellschaften, die einen Sitz im Vereinigten Königreich haben.

Die Strafbarkeit trifft auch die mit einem solchen Unternehmen verbundenen Erfüllungsgehilfen (associated persons), also beispielsweise Mitarbeiter, Agenten oder Tochterunternehmen. Eine Besonderheit besteht darin, dass bei Bestechungen durch Private eine Exkulpation möglich ist. Die Inhaber bzw. Vertreter einer Gesellschaft oder sonstigen der Bestechung überführten Entität können die Strafbarkeit durch Nachweis geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung von Korruption abwenden. Gedacht ist dabei insbesondere an ein effizientes Compliance Management System (CMS).

Der Bribery Act regelt schließlich auch die Bestechung von ausländischen öffentlichen Angestellten (foreign officials), wobei der Begriff ebenso weit zu verstehen ist, wie in der einschlägigen OECD-Konvention (Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions):

“any person holding a legislative, administrative or judicial office of a foreign country, whether appointed or elected; any person exercising a public function for a foreign country, including for a public agency or public enterprise; and any official or agent of a public international organisation;”

Beraterhinweis:

Bestechungsversuche durch einzelne Mitarbeiter lassen sich auch bei gründlicher Schulung und Aufforderung zur Rechtstreue letztlich nie mit absoluter Sicherheit ausschließen. Um drastische Strafen gegen die verantwortlichen Unternehmen und ihre Inhaber/Vertreter gleichwohl zu verhindern, ist für Unternehmen mit Sitz oder geschäftlicher Tätigkeit in England die Einführung eines Compliance Management Systems unerlässlich.

Ansprechpartner:
Dr. Kay Wagner

Stand: November 2011