Abnahme und Fälligkeit bei Softwareerstellungsverträgen nach der Schuldrechtsreform

In keinem anderen Punkt der Schuldrechtsreform wurde es augenfälliger, dass der Gesetzgeber die Belange der Softwareindustrie nicht berücksichtigt hat, als bei der mißglückten Neuregelung des § 651 BGB (Werklieferungsvertrag).

In keinem anderen Punkt der Schuldrechtsreform wurde es augenfälliger, dass der Gesetzgeber die Belange der Softwareindustrie nicht berücksichtigt hat, als bei der mißglückten Neuregelung des § 651 BGB (Werklieferungsvertrag).

Nolens volens schließt sich die herrschende Meinung der Literatur der Rechtsprechung des BGH an, die die Erstellung von Individualsoftware und die Anpassung der vom Softwareunternehmen gelieferten Standardsoftware dem Kaufrecht unterwirft. Damit entfällt künftig auch bei komplexen Softwareerstellungsverträgen die gesetzliche Abnahmeverpflichtung, die Fälligkeit der (End-) Zahlung entsteht mit der Ablieferung und zusätzlich trifft den Käufer regelmäßig die Rügeobliegenheit gemäß § 377 HGB. Die Verjährung beginnt mit der Ablieferung. Für die Gestaltungspraxis im Vertragsrecht bedeutet dies folgendes:

1. Abnahmeregelung

Der Wegfall der gesetzlichen Abnahmeregelung des Werkvertragsrechts bedeutet nicht, daß im Kaufrecht nicht ein entsprechendes Abnahmeverfahren vertraglich vereinbart werden kann. Die Abnahme war schon immer ein regelungsbedürftiger Punkt. Installation, Laufbereitschaft, Testverfahren und Erprobungsphase sind Bestandteile einer vertraglichen Regelung, die dem Auftraggeber bei einem Softwareerstellungsvertrag Gelegenheit gibt, festzustellen, ob die Leistung des Auftragnehmers vertragsgerecht war. Auftraggeber können deshalb bislang verwandte Abnahmeklauseln mit geringen Modifikationen weiter verwenden. Auch Softwareerstellern ist grundsätzlich zu empfehlen, eine entsprechende Regelung beizubehalten. Es liegt in der Natur insbesondere komplexer Softwareerstellungsverträge, dass für den Auftraggeber eine angemessene Prüfungsmöglichkeit bestehen muß. Auch wenn es verlockend erscheinen mag, nach Ablieferung einfach auf den Ablauf der Rügefrist zu warten, gute Geschäftspolitik verlangt eine andere Vorgehensweise.

Zwei Dinge lassen sich aus Sicht der Softwareersteller sinnvoll neu regeln: Der Wegfall der Verknüpfung von Abnahme und Fälligkeit der Zahlung und die Verschränkung von Testverfahren und Rügeobliegenheit. Hinzu kommt, dass individuelle Abnahmeregelungen (die Terminologie beginnt bereits sich zu ändern, z. B. Leistungsprüfung, Entgegennahme der Leistung, Feststellung des Leistungsinhalts) künftig als rein vertragliche Regelung mehr Gestaltungsmöglichkeiten bietet, als dies im Rahmen der früheren gesetzlichen (und immer noch für Werkverträge geltenden) gesetzlichen Bestimmungen möglich war.

2. Fälligkeit

Die Fälligkeit der Zahlung, bzw. bei komplexen Softwareerstellungsprojekten die Fälligkeit der Schlußzahlung, ist nach der gesetzlichen Regelung künftig mit der Ablieferung fällig, also regelmäßig mit der Übergabe eines Datenträgers oder – wenn vertraglich vereinbart – mit der Installation der Software in der Systemumgebung des Käufers. Nur wenn eine Abnahmeregelung vereinbart ist und eine Erfolgsabhängigkeit vertraglich mit der Zahlungsfälligkeit verknüpft wird, läßt sich die bisherige gesetzliche Regelung aufrecht erhalten. Dem Auftraggeber ist eine entsprechende Regelung anzuraten.

3. Verjährung

Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt demnach nach der gesetzlichen Neuregelung mit der Ablieferung und währt zwei Jahre. Die Verjährungsfrist ist zwischen Unternehmern abänderbar. Vertragliche Regelungen müssen künftig nicht nur die Verjährungsfrist, sondern auch den Beginn des Verjährungslaufs beachten.

Ansprechpartner:
Rainer Ihde

Stand: Mai 2002