EuGH zu AdWords: Nutzung fremder Markennamen als AdWords in der Regel zulässig

Der europäische Gerichtshof hat Ende September 2011 ein Urteil zur Frage gefällt, ob es zulässig ist, den Markennamen eines Konkurrenten als AdWord zu verwenden (EuGH, Urteil vom 22.09.2011, Az. C-323/09 – Interflora ./. Marks & Spencer). 

Damit hat er sich mit der gleichen Problematik befasst, die zuvor schon den Bundesgerichtshof in Deutschland beschäftigt hat (BGH, Urteil vom 13.01.2011, Az. I ZR 125/07 – Bananabay II = MMR 2011, 590; und am selben Tag: BGH, Urteil vom 13.01.2011, Az. I ZR 46/08 – Impuls = MMR 2011, 608; zuvor: BGH, Urteil vom 22.01.2009, Az. I ZR 30/07 – Beta-Layout = NJW 2009, 2382).

Im Ergebnis hat der EuGH den Fall nach denselben rechtlichen Grundsätzen und Erwägungen entschieden wie vor ihm schon der BGH.

Im Einzelnen lag dem Fall des EuGH folgender Sachverhalt zugrunde: Das bekannte britische Einzelhandelsunternehmen Marks & Spencer hatte bei Google Werbeanzeigen für die Lieferung von Blumen geschaltet. Dabei hatte es als Stichworte für die Steuerung der Werbefunktion – also als sogenannte „AdWords“ – unter anderem den Markennamen eines bekannten Konkurrenten angegeben, nämlich den der Firma Interflora, die in England einen ähnlichen Lieferservice betreibt wie etwa Fleurop in Deutschland. Dies hatte den Effekt, dass, wenn man das Wort „Interflora“ als Suchwort bei Google eingab, neben den normalen Suchergebnissen die üblichen Google-Anzeigen eingeblendet wurden, und dabei insbesondere eben auch die Anzeige von Marks & Spencer mit dem konkurrierenden Angebot. In der Anzeige von Marks & Spencer selbst war allerdings der Markenname „Interflora“ nicht erwähnt, und es war auch nicht weiter Irreführendes erkennbar.

Die Firma Interflora sah sich dadurch in ihren Markenrechten verletzt und verklagte Marks & Spencer vor dem zuständigen britischen Gericht (High Court of Justice, Chancery Division). Dieses legte dem EuGH die aufgeworfenen Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vor, weil sich die Klage unter anderem auf europäisches Markenrecht (eine Gemeinschaftsmarke von Interflora) stützte.

Der EuGH hat daraufhin entschieden, dass in einer solchen Konstellation eine Markenverletzung nur in Betracht komme, wenn eine der beiden wesentlichen Funktionen der Marke beeinträchtigt sei:

  • Herkunftshinweis bzw. Werbung für das darunter vertriebene Produkt
  • Investitionsschutz
Die herkunftshinweisende Funktion der Marke (Werbefunktion) ist nach den Ausführungen des EuGH in einer solchen Konstellation beeinträchtigt, wenn aus der betreffenden Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen sei, ob die Anzeige bzw. die beworbenen Produkte nun von dem Inhaber der Marke (oder jedenfalls einem berechtigten Lizenznehmer o. ä.) stammen oder von einem anderen. Dann läge eine Marktverwirrung vor oder ein Ausnutzen der Bekanntheit der fremden Marke zu deren Nachteil.Die sogenannte Investitionsfunktion der Marke ist nach den Ausführungen des EuGH beeinträchtigt, wenn durch die fragliche Werbung unter Nutzung der fremden Marke diese Marke in ihrem Ruf oder ihrer Marktwirkung spürbar beeinträchtigt werde und damit quasi die Investition des Markeninhabers in den Aufbau seiner Marke entwertet werde bzw. z. B. stützende Investitionen erforderlich würden.
Im vorliegenden Fall sah der EuGH aber beides als nicht beeinträchtigt an: Weder werde beim Nutzer der Suchmaschine, also dem Betrachter der Werbung, eine Fehlvorstellung oder Verwirrung ausgelöst, noch leide unmittelbar oder auch nur mittelbar der Ruf der betroffenen Marke. Es sei ohne besonderen Nachteil für die Marke „Interflora“, wenn neben den dazu gehörigen Suchergebnissen die – davon deutlich abgesetzten und als solche erkennbaren – Werbeanzeigen (Google-Ads) von Marks & Spencer auftauchten.

Im Ergebnis entschied der EuGH also, dass die Verwendung fremder Markennamen als Schlüsselbegriff für die Schaltung von Onlinewerbung im Internet prinzipiell zulässig ist.

(Im konkreten Fall wurde die Sache allerdings an das britische Gericht zurückverwiesen, damit dieses klären kann, ob im Einzelfall nicht doch rufschädigende Wirkungen eingetreten sind.)

Damit hat der EuGH im Prinzip ebenso entschieden wie zuvor schon der Bundesgerichtshof für die Rechtslage in Deutschland. Verwiesen sei an dieser Stelle auf folgende BGH-Entscheidungen:

  • BGH, Urteil vom 13.01.2011, Az. I ZR 125/07 – Bananabay II = MMR 2011, 590:
  • BGH, Urteil vom 13.01.2011, Az. I ZR 46/08 – Impuls = MMR 2011, 608:
  • BGH, Urteil vom 22.01.2009, Az. I ZR 30/07 – Beta-Layout = NJW 2009, 2382.
Auch nach der Rechtsprechung des BGH in Deutschland ist es so, dass es prinzipiell zulässig ist, fremde Markennamen als Schlüsselworte für Onlinewerbeanzeigen zu verwenden, dass also die Verwendung fremder Marken, insbesondere als Google-AdWords, jedenfalls im Prinzip zulässig ist.

Unzulässig kann die Verwendung fremder Markennamen als Schlüsselworte für Onlinewerbeanzeige bzw. Adwords nur werden, wenn besondere Umstände hinzukommen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein irreführender Eindruck entsteht, dass es eine Verbindung zwischen der Anzeige und dem Markeninhaber geben könnte (so z. B entschieden bei OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2010, Az. I-20 W 136/10 – Hapimag-Aktien = GRUR-RR 2011, 94).

Beraterhinweis:

Mit der Entscheidung des EuGH ist damit auch auf europäischer Ebene geklärt, was zuvor schon der BGH auf nationaler Ebene für Deutschland entschieden hatte: Im Prinzip ist es erlaubt, fremde Markennamen als Schlüsselworte in einem Referenzierungsdienst  für Onlinewerbung zu benutzen, namentlich als Google-Adwords, damit die eigene Werbung angezeigt wird, wenn in der Suchmaschine nach der Marke gesucht wird. Das gilt allerdings nur, solange dabei kein irreführender Eindruck entsteht und der Ruf der betroffenen Marke nicht spürbar beeinträchtigt wird. Wichtig ist, dass die werbung als solche erkennbar ist und von den Suchergebnissen getrennt angezeigt wird. Dies sind die allgemeinen Grundsätze. Natürlich entscheiden aber immer die Umstände des Einzelfalls.

Ansprechpartner:
Dr. Marcus Dittmann

Stand: Oktober 2011