Werbe-Einwilligung in AGB – Eine aktuelle Entscheidung des OLG Hamm, Urteil vom 17.02.2011, Az. I-4 U 174/10

Wer Kundendaten für Werbezwecke nutzen will, benötigt eine Einwilligung der betroffenen Person. Für den Unternehmer stellt sich das Problem, wie er eine solche Einwilligung rechtssicher erlangen kann und, falls es später darauf ankommt, auch beweisen.

 

Die formalen Anforderungen, die nach geltendem deutschem Recht zu beachten sind, sind streng. Wie schwierig es ist, eine beweissichere Einwilligung zu bekommen, illustriert ein Fall, den der Bundesgerichtshof Anfang 2011 entschieden hat (siehe BGH-Urteil vom 10. Februar 2011, Az. I ZR 164/09 – Telefonaktion II, von uns hier besprochen: Link). Eine aktuelle Entscheidung des OLG Hamm, Urteil vom 17.02.2011, Az. I-4 U 174/10, gibt weiteren Anlass, sich mit dieser Frage zu beschäftigen:

Gegenstand des Verfahrens war Folgendes: Ein Telefonanbieter hatte in seinem standardmäßigen Auftragsformular für einen Telefon- bzw. DSL-Anschluss eine bestimmte Klausel aufgenommen, in der sinngemäß stand, dass der Kunde „damit einverstanden [sei], dass der Anbieter [die] Kontaktdaten (Post-, E-Mail-Adresse sowie Fax- und Rufnummer) zur Beratung und Werbung […] nutzt und [ihm] auf diesem Wege aktuelle Produktinformationen bzw. den Newsletter zukommen lässt“, wobei der Kunde diese Einwilligung jederzeit widerrufen durfte. Diese Formulierung fand sich im Kleingedruckten und war nicht besonders hervorgehoben, und es war auch keine gesonderte Unterschrift vorgesehen.

Der Telefonanbieter wurde wegen dieser Klausel von einem Wettbewerbsverband wegen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot und daraus resultierender Wettbewerbswidrigkeit abgemahnt und, nachdem er sich weigerte, seine Praxis zu ändern und außerdem eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, auf Unterlassung verklagt. In dem Rechtsstreit ging es dann darum, ob eine solche Klausel ausreichen kann, um eine wirksame Einwilligung des Betroffenen zu bewirken, und ob es einen Unterschied macht, ob es bei dem Kunden um einen privaten Verbraucher geht oder einen Unternehmer, der geschäftlich handelt.

Das Oberlandesgericht stellte folgende Prinzipien fest, die sich im Wesentlichen direkt aus dem geltenden Gesetz ergeben:

  1. Wer personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen will, benötigt eine Einwilligung des Betroffenen. Der Betroffene muss dabei darauf hingewiesen werden, was konkret mit seinen Daten geschehen soll. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich bei dem Betroffenen um einen Verbraucher oder einen Unternehmer handelt. Es kommt einzig und allein darauf an, ob es um eine natürliche Person geht. Dies ergibt sich aus §§ 4 Abs. 1, 4a Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG. Die Aufnahme von Kundendaten zu Werbezwecken fällt unter diese Vorschriften.
  2. Wenn die Einwilligungserklärung zusammen mit anderen Erklärungen abgefragt wird, dann muss die datenschutzrechtliche Einwilligung besonders hervorgehoben sein. Dies ist in § 4a Abs. 1 Satz 4 BDSG ausdrücklich so vorgeschrieben. Es ist allerdings nicht nötig, dass hierfür noch einmal eine Extra-Unterschrift gefordert wird. Eine drucktechnische Hervorhebung, z.B. mit Rahmen, Fettdruck usw., genügt in der Regel.
  3. Wenn die Daten zu Werbezwecken genutzt werden sollen, konkret zu Direktwerbung per Post, Fax, E-Mail oder Telefon, über Callcenter, dann sind darüber hinaus die besonderen Vorschriften des Wettbewerbsrechts zu beachten: Diese sind in § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt, in dem es um das Verbot belästigender Werbeformen geht. Danach sind folgende zusätzlichen Erfordernisse zu beachten:

a) Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern, also Privatpersonen, ist nur bei vorheriger ausdrücklicher Einwilligung erlaubt (§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 1. Halbsatz UWG).
b) Telefonwerbung gegenüber Unternehmern ist nur erlaubt, wenn entweder eine vorherige ausdrückliche Einwilligung vorliegt, oder wenigstens angesichts konkreter Umstände eine mutmaßliche Einwilligung vorliegt (§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 2. Halbsatz UWG). – Ob eine mutmaßliche Einwilligung in diesem Sinne angenommen werden kann, wird von den Gerichten sehr streng beurteilt.
c) E-Mail-Werbung, egal ob gegenüber Verbrauchern oder Unternehmen, erfordert stets eine ausdrückliche Einwilligung (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG).
d) Faxwerbung, egal ob gegenüber Verbrauchern oder Unternehmen, erfordert gleichfalls stets eine ausdrückliche Einwilligung (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG).
e) Nur die Werbung per normaler Briefpost bzw. Postwurfsendung ist in aller Regel auch ohne Einwilligung zulässig, solange es nicht überhandnimmt und zu einer echten Belästigung wird (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG).

Sämtliche oben aufgelisteten Werbeformen, mit Ausnahme der normal stets zulässigen Briefpost  bzw. Postwurfsendung, erfordern, dass eine gesonderte Einwilligung geleistet wird. Das erfordert also, dass die Einwilligung in diesem Fall besonders hervorgehoben und außerdem noch einmal durch eine gesonderte Unterschrift bestätigt wird (sogenanntes Opt-in, BGH, Urteil vom 16.7.2008 – VIII ZR 348/06).

Soweit die Einwilligung elektronisch am Bildschirm erfolgt, ist anstelle der Unterschrift ein gesondertes Häkchen o.ä. zu setzen und diese Eingabe sicher zu protokollieren. (Wobei sich dann praktisch wieder das Problem der eindeutigen persönlichen Identifikation der betroffenen Person stellt, die online, wenn überhaupt, nur mit besonderem Aufwand rechtssicher erfolgen kann; siehe das Problem im Fall BGH, Urteil vom 10. Februar 2011, Az. I ZR 164/09 – Telefonaktion II, von uns hier besprochen: Link).

Im vorliegenden Fall des OLG Hamm  war es bereits der zweite Punkt (2.), der missachtet war, denn der Telefonanbieter hatte die Klausel im laufenden Text seiner Vertragsbedingungen quasi versteckt, so dass sie nicht ohne weiteres zu erkennen war. Damit fehlte es bereits an der besonderen Hervorhebung, die  nach § 4a Abs. 1 Satz 4 BDSG mindestens erforderlich ist. Alleine schon aus diesem Grund war die Klausel unwirksam, und ihre Verwendung im Geschäftsverkehr stellte einen Wettbewerbsverstoß dar. Im Ergebnis wurde der Telefonanbieter vom OLG Hamm zur Unterlassung verurteilt.

Beraterhinweis:

Die oben aufgelisteten Feststellungen des OLG Hamm in diesem Urteil fassen noch einmal an einem konkreten Fallbeispiel zusammen, welche Anforderungen bei der Gestaltung von Datenschutzhinweisen und bei der Sammlung von Einwilligungen der Kunden zu beachten sind, wenn Kundendaten zu Werbezwecken genutzt werden sollen. Es gilt danach, kurz zusammengefasst:

Wer Kundendaten an sich erfassen will, benötigt eine datenschutzrechtliche Einwilligung des Betroffenen, immer, wenn es sich um eine natürliche Person handelt, egal ob Verbraucher oder Unternehmer.Die datenschutzrechtliche Einwilligung muss im Text gesondert hervorgehoben sein, namentlich in AGB. Eine gesonderte Unterschrift ist alleine dafür aber noch nicht erforderlich.

Wer Kundendaten konkret zu Werbezwecken nutzen will, muss darüber hinaus Folgendes beachten:

Für E-Mail-Werbung ist eine zusätzliche, ausdrückliche Einwilligung erforderlich, und zwar sowohl bei Verbrauchern als auch Unternehmen

Für Telefonmarketing gegenüber Verbrauchern ist eine zusätzliche, ausdrückliche Einwilligung erforderlich.

Für Telefonwerbung gegenüber Unternehmern genügt nach dem Gesetzeswortlaut eine mutmaßliche Einwilligung, wobei die Gerichte hier restriktiv herangehen. Sicherer ist eine zusätzliche, ausdrückliche Einwilligung.

E-Mail-Werbung, egal ob gegenüber Verbrauchern oder Unternehmen, erfordert stets eine zusätzliche, ausdrückliche Einwilligung.

Faxwerbung, egal ob gegenüber Verbrauchern oder Unternehmen, erfordert stets eine zusätzliche, ausdrückliche Einwilligung.

Bei Nichtbeachtung ist mit Abmahnungen zu rechnen.

Anmerkung:

Siehe hierzu auch unseren Beitrag zum BGH-Urteil vom 10. Februar 2011, Az. I ZR 164/09 – Telefonaktion II, in dem es um die Schwierigkeiten des Nachweises einer wirksamen Einwilligung geht, Link.

Ansprechpartner:
Dr. Marcus Dittmann

Stand: April 2011