OLG Köln zum Urheberrechtsschutz bei Werbetexten: Auch reine Produktbeschreibungen können urheberrechtlich geschützt sein

Das Oberlandesgericht Köln hat Ende September 2011 ein Urteil zur Frage gefällt, ob Werbetexte und Produktbeschreibungen urheberrechtlich geschützt sind (OLG Köln, Urteil vom 30.09.2011, Az. 6 U 82/11).

Grundsätzlich können Texte aller Art urheberrechtlich geschützt sein (Sprachwerke gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG).

Das kann unter Umständen auch bei sehr kurzen Texten der Fall sein. Der Europäische Gerichtshof hat zum Beispiel entschieden, dass das bereits bei einem Auszug von gerade einmal elf Wörtern Länge der Fall sein kann (Urteil des EuGH vom 16. Juli 2009, Az. C-5/08 – Infopaq = GRUR 2009, 1041).

Umgekehrt ist es nach geltendem Recht so, dass im Bereich von Gebrauchstexten erhöhte Anforderungen an den Urheberrechtschutz gestellt werden. Damit soll verhindert werden, dass ganz banale, in erster Linie beschreibende Texte und Wortsequenzen, die bestimmten sachlichen Zwecken dienen, nicht monopolisiert werden dürfen. Das gilt insbesondere für die typischen Sach- bzw. Werbetexte, wie sie im Geschäftsverkehr alltäglich sind. Derartige Gebrauchstexte, also Produktbeschreibungen, alltägliche Werbeaussagen, Kataloge, Vordrucke, Gebrauchsanleitungen, technische Beschreibungen, PR-Texte und ähnliche sprachliche Äußerungen des täglichen Lebens sind nicht urheberrechtlich geschützt (vgl. BGH GRUR 1993, 34, 36 – Bedienungsanweisung; OLG Düsseldorf ZUM 2003, 496,499 – Gebrauchstext für Computersoftware; Dreier/Schulze, UrhG, 2004, § 2 Rn. 97 ff.; Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, 2. Auflage 1999, § 2 Rn. 85, 88, 92, 97, 98, 113, 114; Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Auflage 2009, § 2 Rn. 53, 56, 62).

Etwas anderes gilt nur, wenn die betreffenden Texte eine besondere Phantasie oder sprachliche Gestaltungskraft erkennbar werden lassen oder irgendwie eine besondere Anordnung des Stoffes. Es muss dann geprüft werden, inwiefern sich die Formulierung von denen ungezählter anderer am Markt abheben soll. Damit bei derartigen Texten eine persönliche geistige Schöpfung des Urhebers im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG angenommen werden kann, ist ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung erforderlich (Schöpfungshöhe).

Wann das der Fall ist, kann immer nur im Einzelfall anhand des vorliegenden Textes beurteilt werden.

Das Oberlandesgericht Köln hatte einen Fall zu entscheiden, in dem es darum ging, dass jemand die Produktbeschreibung von Sportschuhen von einem anderen Anbieter eins zu eins übernommen hatte. Derjenige, der die Beschreibung ursprünglich verfasst hatte, verklagte daraufhin den Verwender und warf ihm eine Urheberrechtsverletzung vor. Der Beklagte verteidigte sich mit dem Hinweis, dass es sich doch letztlich um eine rein objektive Produktbeschreibung handele, in der im Wesentlichen nur die sachlichen Tatsachen aufgezählt und dargestellt würden.

Dennoch verurteilte das Landgericht Köln den Beklagten in der ersten Instanz wegen Urheberrechtsverletzung, und das Oberlandesgericht Köln bestätigte diese Entscheidung. Ausschlaggebend war folgende Erwägung: Zwar bestand der fragliche Text tatsächlich weitgehend aus einer Beschreibung des Produkts, dennoch fanden die Richter, dass hier ausnahmsweise einmal doch ein gewisses Maß an schöpferischer Gestaltung zu erkennen sei. Es handelte sich nämlich um einen etwas längeren Text, dabei waren die Produktbeschreibungen für eine Anzahl von Produkten alle in einer einheitlichen Weise aufgebaut und außerdem in einem ersichtlich auf die Zielgruppe gemünzten besonderen sprachlichen Stil formuliert. Im Ergebnis fanden die Richter, dass unter diesen Umständen auch das, was auf den ersten Blick als reine Produktbeschreibung anmuten mochte, letztlich in der Gesamtbetrachtung doch als eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG zu erkennen und damit urheberrechtlich geschützt sei. Im Ergebnis wurde der Beklagte also rechtskräftig wegen Urheberrechtsverletzung verurteilt.

Diese Gerichtsentscheidung zeigt, dass es trotz der Faustregel, dass Produktbeschreibungen in der Regel nicht urheberrechtlich geschützt sind, immer wieder Ausnahmen von der Regel gibt. Entscheidend ist immer die Betrachtung im Einzelfall.

Beraterhinweis:

  • Längst nicht alle Texte sind urheberrechtlich geschützt.
  • Insbesondere Sachtexte, Katalogtexte, reine Produktbeschreibungen erreichen oftmals nicht das notwendige Mindestmaß an individueller Schöpfungshöhe.
  • Je länger ein solcher Text ist, desto größer sind die Gestaltungsmöglichkeiten, so dass umso eher eine hinreichende eigenschöpferische Prägung erkannt werden kann.
  • Produktbeschreibungen, die einen einheitlichen Aufbau zeigen und in einem das betreffende Zielpublikum ansprechenden Stil gehalten sind, können urheberrechtlich geschützt sein
  • Dies sind die allgemeinen Grundsätze. Natürlich entscheiden aber immer die Umstände des Einzelfalls.

Ansprechpartner:
Dr. Marcus Dittmann

Stand: Dezember 2011