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Schwerpunkte der UWG-Reform 2003

Überblick über die vorgesehenen Neuerungen im Referentenentwurf eines (neu gefassten) Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.

Überblick über die vorgesehenen Neuerungen im Referentenentwurf eines (neu gefassten) Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.
I. Einleitung

Die Aufgabe des Wettbewerbsrechts besteht unter anderem darin, unerwünschte Auswüchse des Wettbewerbs zu bekämpfen, indem es vorgibt, welche Wettbewerbshandlungen erlaubt und welche verboten sind.

Das deutsche Wettbewerbsrecht ist in vielen Beschränkungen nicht mehr zeitgemäß, im internationalen Bereich besonders restriktiv und wurde teilweise sogar als Standortnachteil gesehen. Aus diesem Grund hat sich der Gesetzgeber zu einer grundlegenden Liberalisierung und Modernisierung dieses Rechtsgebiets entschlossen. Ein erster Schritt in diese Richtung war die Aufhebung der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes im Juli 2001. Darüber hinaus soll das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) umfassend modernisiert werden. Einen entsprechenden Referentenentwurf hat das Bundesjustizministerium am 23. Januar 2003 veröffentlicht (http://www.bmj.bund.de/images/11548.pdf).

Der vorliegende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die im Referentenentwurf vorgesehenen wesentlichen Änderungen gegenüber der geltenden Rechtslage.

II. Sonderveranstaltungen

Ein wesentlicher Punkt der Reform ist die Änderung der Bestimmungen über so genannte „Sonderveranstaltungen“. Die auch nach der Aufhebung der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes noch bestehende Reglementierung von Schlussverkäufen und Jubiläumsverkäufen wird komplett gestrichen. Händler können also zukünftig jederzeit ihren gesamten Warenbestand reduziert anbieten und müssen sich nach dem Referentenentwurf nicht mehr wie bisher auf eine Preisreduzierung von „Einzelstücken“ beschränken. Die Rabattaktion der Textilkette C&A von Anfang 2002 wäre nach dem neuen Recht zulässig. Gegen C&A war auf Grundlage des bisherigen Rechts eine gerichtliche Unterlassungsverfügung ergangen, da die Textilkette anlässlich der Euroeinführung die Preise für ihr gesamtes Sortiment um 20% reduziert hatte.

III. Verbraucherschutz

Der Verbraucher wird als Schutzobjekt erstmals ausdrücklich im Gesetz erwähnt. Dadurch wird die Rechtsprechung zum geltenden UWG aufgenommen und gleichzeitig eine Forderung der Verbraucherverbände erfüllt. Eine echte Verbesserung der Rechtsposition des Verbrauchers ist hiermit jedoch nicht verbunden. Auf die Aufnahme von Individualansprüchen, die von einem Verbraucher selbständig und isoliert geltend gemacht werden könnten, wurde – trotz entsprechender Forderungen – bewusst verzichtet.

Der Referentenentwurf stellt nunmehr ausdrücklich klar, das für die Auslegung der Vorschriften des UWG „vom Leitbild eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers“ auszugehen ist, „der das Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt“. Diese Klarstellung ist erfreulich, da die deutschen Gerichte bis vor wenigen Jahren noch von einem „im Grunde an der Grenze zu Debilität verharrenden, unmündigen, einer umfassenden Betreuung bedürftigen Verbraucher(s) ausgegangen sind, der auch noch gegen die kleinste Gefahr der Irreführung in der Werbung geschützt werden muss“ (Volker Emmerich, „Das Recht des unlauteren Wettbewerbs“, 5. Auflage, 1998, S. 181). Eine Werbemaßnahme wurde daher meist sehr schnell als irreführend und unlauter angesehen.

IV. Unerlaubte E-Mailwerbung

Es entspricht schon bisher einer weitgehend gesicherten Rechtsprechung, dass eine Werbung mittels elektronischer Post wettbewerbswidrig ist, es sei denn, es liegt ein Einverständnis des Adressaten vor. Diese Grundsätze sollen nun explizit im Gesetz geregelt werden. Ausweislich der Entwurfsbegründung soll das Einverständnis auch stillschweigend erklärt werden können. Danach kann ein Unternehmen, das von seinem Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung dessen elektronische Kontaktinformationen für elektronische Post erhalten hat, diese zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen verwenden. Dies gilt allerdings nur, sofern der Kunde klar und deutlich die Möglichkeit erhält, eine solche Nutzung seiner elektronischen Kontaktinformationen bei deren Erhebung und bei jeder Übertragung gebührenfrei und problemlos abzulehnen. Die vorstehend geschilderten Grundsätze gelten sowohl bei E-Mailwerbung gegenüber Unternehmen als auch gegenüber Verbrauchern.

Für die Praxis wird dies bedeuten, dass der Unternehmer in Zukunft nach Möglichkeit beweissicher festhalten sollte, wie er an die jeweiligen E-Mail-Adressen seiner Kunden gekommen ist, und ob dabei die genannten Grundsätze eingehalten wurden, wenn er seinen E-Mail-Adressenstamm für E-Mail-Werbung nutzen möchte.

Die Neuregelungen zur E-Mail-Werbung entsprechen den Vorgaben einschlägiger EU-Richtlinien.

V. Werbung mit Preisnachlässen

Die Werbung mit Preisnachlässen, die nicht wirklich gewährt werden, wird nach dem Referentenentwurf ausdrücklich verboten. Wer als Ausgangspreis einen „Mondpreis“ angibt, der dann angeblich sensationell gesenkt wird, verstößt gegen das Gebot, dass bei Werbungen mit Preissenkungen der angegebene Ausgangspreis eine angemessene Zeit lang gefordert worden sein muss. Mit dem Slogan „vorher 200 €, jetzt nur noch die Hälfte“ darf also nur werben, wer vorher auch über einen längeren Zeitraum für diesen Artikel 200 € verlangt hat. Wie lang der Ausgangspreis tatsächlich gefordert werden muss, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. In der Rechtsprechung wird ein Zeitraum von ein bis sechs Monaten für erforderlich gehalten. Im Computer- und Softwarebereich dürfte die erforderliche Zeitspanne angesichts des hohen Innovationspotentials und der rapiden Preisverfälle in der Regel am unteren Ende liegen.

VI. Gewinnabschöpfungsanspruch

Der Referentenentwurf sieht unter bestimmten weiteren Voraussetzungen einen Gewinnabschöpfungsanspruch gegen Gewerbetreibende vor, wenn diese vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen das UWG verstoßen und hierdurch systematisch einer Vielzahl von Marktteilnehmern ein Schaden zugefügt wird. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass sich ein solches Verhalten nicht lohnt. In seiner Pressemitteilung gibt das Bundesministerium der Justiz das folgende illustrative Anwendungsbeispiel: „Durch eine planmäßige belästigende Faxwerbung werden die Empfänger der Werbefaxe geschädigt. Der Schaden, der bei dem einzelnen entsteht ist verhältnismäßig gering, so dass er sich nicht die Mühe macht, ihn gegen den Absender, den er erst mühsam ermitteln müsste, geltend zu machen. Der Versender der unlauteren Werbung aber hat durch Rückläufe über 0190-Rufnummern einen erklecklichen Gewinn aus seiner Werbung gezogen. Diesen dürfte er nach geltendem Recht behalten, auch wenn ihm solche Werbung für die Zukunft ausdrücklich untersagt würde. Nach dem neuen Recht müsste er den Gewinn herausgeben, so dass ein Anreiz für die Durchführung solcher wettbewerbswidriger Aktionen von vorn herein entfällt.“ Der Gewinnabschöpfungsanspruch kann von Verbraucher- und Wettbewerbsverbänden gegen den Gewerbetreibenden geltend gemacht werden. Der abgeschöpfte Gewinn steht dem Bundeshaushalt zu.

VII. Zusammenfassung

Insgesamt sind die im Referentenentwurf geplanten Neuerungen zu begrüßen, da sie eine Vielzahl anachronistischer Einschränkungen der Werbefreiheit der Unternehmen beseitigen. Durch die Einführung des Gewinnabschöpfungsanspruchs wird eine bislang bestehende Schutzlücke geschlossen. Es bleibt jedoch abzuwarten, in welcher Fassung die UWG-Reform letztlich in Kraft tritt, da neben der nationalen Diskussion auch Bestrebungen einer Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts auf Europäischer Ebene laufen.

Ansprechpartner:
Fabian-Laucken

Stand: April 2003